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Konzert-Bericht von AOW - Nena und Friends    -   23.08.2003 – Neu-Isenburg - Stadion  im Sportpark

 

Auch wenn manche von Euch jetzt wohl innerlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und meinen: “Was soll das denn???”!!!

Daher erst einmal einige Worte zur Rechtfertigung, was mich als bekennenden “Schwarzkittel” dazu getrieben hat, freiwillig ein “buntes” Nena-Konzert zu besuchen, dessen Vorbands ja sogar noch um einiges “bunter” waren als der eigentliche Hauptgig.  Ich hatte einer Freundin vor vielen Monaten in einem Anfall von Unbekümmertheit versprochen, mit ihr zusammen zu einem Nena-Konzert zu gehen, falls sich dies einmal ergeben sollte. Natürlich stand die Realisierung des Ganzen zu diesem Zeitpunkt in unendlich weiter Ferne, denn ich konnte ja nicht ahnen, dass es in umittelbarer Nähe gerade dazu bald Gelegenheit geben sollte. Nun stand ich aber im Wort, und so wollte ich auch nicht kneifen. Obgleich die angekündigten Vorgigs zu Nena mir fast die Tränen in die Augen trieben:

Eine noch nicht ganz so bekannte Band namens “Cle” (die “angeblich” im Stil von “Wir sind Helden” agieren sollte), die (fast schon widerlich) süße “Yvonne Catterfeld” und zu guter Letzt die Schwulen-Ikonen der Sauflieder-Combo “Right said Fred” – Alles in allem eigentlich: Grauenvoll!!!

Und was Nena selbst angeht: Ich bin ja jetzt im ungefähr gleichen Alter wie Frau Kerner und kann mich noch gut an das erste Mal erinnern, als ich um 1982 in der “Bravo” vom “NDW-Wunder Nena aus Hagen” las. Ich war ein begeisterter Anhänger des NDW-Gedankens, der die deutschsprachige Musik endlich aus dem Keller des abgrundtief grottigen Schlagers und des überintellektuellen “Gutmensch”-Liedermachertums holte und uns endlich auch andere Interpreten als Nina Hagen und Udo Lindenberg hören ließ. Selbst, wenn der Großteil der Neuen Deutschen Welle einfach nur aus absurden Laien-Bands bestand, schwang in ihr doch so viel “Geist” mit, daß die unglaubliche Aufbruchstimmung, die nun einsetzte, sich auch auf andere Bereiche des alltäglichen Lebens auswirkte und wir auf diese Weise endlich von der kontraproduktiven “Null-Bock”-Mentalität wegkamen. Nun gab es in diesen Jahren so viele Bands, deren Wurzeln im Punk lagen und die besser als alles andere mein Weltbild vertraten, sodass ich auf dieses “kleine Mädel” aus behüteten Elternhaus gut verzichten konnte und vor allen Dingen auch wollte. Ich hätte mich schon aus Prestige-Gründen niemals zum “Nena-Fan” erklärt. Als diese dann wie eine “Rakete” (Insiderwitz ) in den Musik-Himmel schoss, zu Everybody´s Darling wurde, war ich noch stark in meiner kritischen Einstellung ihr gegenüber. Die Texte der Band waren mir einfach zu infantil, und in Interviews merkte man schnell, was die Kleine drauf hatte: offensichtlich nämlich nichts! Keine politische Meinung, dafür liebende und von ihr geliebte Eltern, alles was nicht in mein kaputtes Weltbild passte, dass voll auf “Protest und Kritik an meine Umwelt” gerichtet war. Als sie dann mit der englischsprachigen Version von “99 Luftballons” in den USA auf Platz 1 (!!!) der Billboards kletterte, war meine Welt schon nicht mehr so klar und übersichtlich. Wie war das nur möglich??? Platz 1! In den USA! Als Deutsche?! Das schaffte später aus dem deutschprachigen Raum nur Falco! Aber Falco war ja auch ein “Typ”! Und Nena? Ich war fortan im Zwiespalt. Ich fand die Musik von Nena noch immer albern, aber nun war da auch etwas anderes: ein diffuser Stolz! Ich war stolz auf ihre Leistung, mit Musik aus “unseren Landen” das Herz der vielen Millionen amerikanischen Plattenkäufer erreicht zu haben. Obgleich ich mich nie als überzeugten Patrioten sah! Im Gegenteil! Dann kam ihr erstes Kind zur Welt – schwerstbehindert – ohne Aussicht darauf, jemals ein auch nur in Ansätzen “lebenswertes” Leben führen zu können. Und ich war geschockt. Und dann, nach einiger Zeit starb es – und ich war voller Trauer, obgleich mir das ja alles eigentlich hätte egal sein können. Ich lebte doch mein eigenes Leben. Was hatte ich da mit Nena zu schaffen? Und dann brachte sie ein Album (“Wunder gescheh´n”) heraus, das sie offenbar ihrem verstorbenen Kind widmete. Und mit diesem Album, mit den darauf enthaltenen Liedern, den Texten, die zwar immer noch etwas infantil wirkten, die aber zugleich unglaublich viel Gefühl ausstrahlten, begann sich mein Bild von Nena langsam zu wandeln. Doch noch immer war es schwer für mich, zu akzeptieren, dass Nena und ihre Musik eine tiefere Bedeutung für mich haben könnten als mittlerweile einfach nur ein paar Minuten spaßiger Nostalgiegedanken.    Bis zum 23. August 2003!

Es war ein schöner Sommertag, endlich aushaltbare Temperaturen, kein Regen trotz einiger Wolken, ich hatte, nicht zuletzt auf Grund des Bestrebens meiner Freundin, die am liebsten am Abend vorher schon da gewesen wäre, um als eine der Ersten reinzukommen, das Glück, in vorderster Reihe zu stehen und war insofern “mitten im Geschehen”! Es war noch lange hell, da ging es los mit “Cle”-Eine reine “Kerle”-Band, die von ihrer Optik her alle ziemlich rockig zu sein versprachen, einer von ihnen sogar ziemlich mutig im Schotten-Kilt. Gitarrenlastige, flotte Rhythmen und der Sänger, der sich als “Cle” himself vorstellte, war gut drauf und fetzte mit seinen Mannen ganz schön los! Wie soll man deren Musik beschreiben? Mir fällt nur eines ein: Wenn Reinhard Mey richtige “Action-Mucke” machen würde, würde sich das vermutlich so ähnlich wie “Cle” anhören?! Hat Spaß gemacht, war nett, kann man sich gerne wieder antun!

Danach kam die unerträglich liebreizende “Yvonne Catterfeld”-und man kann ihr nur wünschen, dass sie niemals singen muss, wenn die Verstärkeranlage ausgefallen ist! (Nena hatte später ein derartiges Erlebnis ) Ansonsten war es nicht ganz so schlimm, wie ich es mir im Vorfeld vorgestellt hatte. Der “GZSZ”-Star weiß sich schon gekonnt in Szene zu setzen und die Fans für sich einzunehmen. Und als sie “die Wolken weiter schob”, ging ein kollektives Schluchzen durch das Stadion! Niedlich!

Schließlich kamen “Right said Fred”-Von denen war ich angenehm überrascht, der spärlich bekleidete und verboten gut durchtrainierte Sänger Richard Fairbrass ließ mich an mir als Mann echt zweifeln, denn wenn ein Kerl so `nen Body haben kann, dann habe ich ziemlich viel falsch gemacht mit mir selbst! Die Musik war natürlich keine Überraschung. Irgendwie klang jedes Lied gleich, aber die Art und Weise, wie Richard die Leute auf seine Seite zog, war verdammt durchdacht. Er war stets Herr über die Massen und brachte die Leute trotz der überaus einfachen Musik ziemlich auf Touren. Beeindruckende Show!

Mittlerweile war es dunkel. Und jetzt kam der eigentliche Star des Abends – Denn nun kam...

“Nena”-Die Bühne bestand aus einem Mittel- und zwei Seitenteilen. Die Rückwand der Hauptbühne war in einer Art “Regalsystem” eingeteilt, in dessen ”Elemente” sich “übereinender gestapelt” Mitglieder eines klassischen Orchesters befanden. Der dazu “passende” Dirigent stand zusammen mit Nenas Begleitband, die sich aus überaus professionellen Musikern aus New York, Berlin und Stuttgart zusammensetzte, auf dem Mittelteil der Bühne und “kontrollierte” von dort aus das Geschehen. Die erste Handlung, die Nena nach ihrem furiosen Auftritt durchführte, war, sämtliche im Publikum befindlichen Kinder nach vorne in den Graben zwischen Bühne und Publikum zu holen und dort am Rande der Bühne zu platzieren. Wenn es irgendein Eis gegeben hätte, das zu durchbrechen nötig gewesen wäre – dies wäre die auslösende Tat gewesen! Aber Nena ließ einem gar nicht erst die Chance, Zurückhaltung ihr und ihrer Musik gegenüber zu üben. Sie fetzte auf die Bühne und von diesem Moment an gab es nur noch sie! Sie schien gleichzeitig auf allen drei Teilen der Bühne präsent zu sein, sang ein Lied nach dem anderen – nicht nur ihre Hits, sondern auch unbekanntere Stücke aus ihrem Repertoire. (Gibt´s die?) Sie ließ dem Publikum fast keine Zeit, zu applaudieren, sondern ließ ihre Band nahtlos Lied auf Lied spielen. Innerhalb kürzester Zeit war Nena nicht nur die Interpretin auf der Bühne, sondern die eigene “Schwester”! Ja, mehr noch: Nena war ein Teil von einem selbst! Nenas Lieder waren Ausdruck des eigenen Gefühlslebens. Nenas Freude war die eigene Freude! Nenas Leid war das eigene Leid! Nenas Hoffnung war die eigene Hoffnung! Nenas Frust war der eigene Frust! Nenas Zorn war der eigene Zorn! Nenas in Gesang geformte Befreiung war die eigene Befreiung! Und dann, mittendrin in ihrem Megahit “99 Luftballons”, war plötzlich “kein Saft” mehr auf ihrem Mikro. Und was tat sie? Sie versuchte gar nicht erst, ohne Mikro weiterzumachen, was bei ihrem zarten Stimmchen wohl auch ziemlich “in die Hose” gehen würde. Sie setzte sich einfach an den Rand der Bühne und ließ nun das Publikum weitersingen. Somit wurden wir, die wir mittlerweile in eine kollektive Massenhypnose versetzt waren, auch ein Teil von Ihr! Es klingt pathetisch, aber genau so empfanden wir es. Und just in diesem Moment schien von irgendwoher ein unsichtbares Signal zu kommen und alle am Bühnenrand sitzenden Kinder stürmten die Bühne und umlagerten Nena, die nun wie eine gütige Übermutter aus der Masse der Zwerge ragte, dann aber realisierte, daß die Situation drohte, unkontrollierbar zu werden und schließlich überzeugte, dass der Rand der Bühne wieder die sicherere Position für die Kinder sei. Wir alle waren nun völlig in ihren Bann gezogen, ihre Natürlichkeit, ihre unbändige Kraft, ihr unerschütterlicher Lebenswille war übermächtig, ließ uns zum Teil eines großen Ganzen werden. Und sie war das Zentrum dieses Ganzen. Sie war die Sonne, um die wir alle wie unzählige Planeten kreisten. Ich hätte niemals gedacht, daß diese Frau, diese Sängerin, die ich bisher für so mittelmäßig gehalten hatte, so viel Charisma haben könnte! Und als der Strom wieder da war, konnte sie auch wieder singen. Dann ging es munter weiter und Nena fetzte im weiteren Verlauf mit coolem Reggae, knalligen Punk-Einlagen (Was mich natürlich überaus freute), und sie wagte sich sogar, ein paar Lieder im Country-Style (!) zu performen (was mich eigentlich etwas entsetzte!). Und bevor sie gut zweieinhalb Stunden später von der Bühne ging, ließ sie sich selbstverständlich zu einer Zugabe bewegen. Dies sollte zwar die einzige an diesem Abend bleiben, doch dafür eine mit allen “Schikanen” sein, fast schon zu einem “magischen” Erlebnis werden. Und damit enden, dass sie die Kinder doch wieder auf die Bühne holte und abwechselnd mit diesen und dem Publikum zu den Klängen ihres Liedes “Der Anfang vom Ende” (Einer unglaublichen Hymne an das Leben) von der Bühne ging. So war sie schließlich schon nicht mehr zu sehen, doch noch immer zu hören. Und letztlich waren da dann nur noch die Fans, aber die sangen noch lange unbeirrt weiter – und gingen schließlich voller Lebensmut nach Hause.

Ich habe ja schon einiges gesehen, gute Shows wie die der Vollprofis von Depeche Mode, charismatische Sängerinnen wie die anbetungswürdige Tarja von “Nightwish”, die den gesamten Saal in ihren Bann zog. Oder Anneke von “The Gathering”, die zwar etwas ungelenk rüberkam, die aber eine solche Kraft ausstrahlte, dass man sich einer gewissen Faszination einfach nicht entziehen konnte. Und ich erlebte auch die zurückhaltende hypnotische Sinnlichkeit der genialen Tori Amos. Doch Nena hat dies alles zur Nichtigkeit erklärt. Nena hat durch ihre Natürlichkeit, ihre Ausstrahlung und ihre unglaubliche Kraft einen neuen Fan gewonnen – mich. Ich habe mich seit 1982 gewehrt und nun doch noch “verloren”! Und ich kann nur jedem den Tipp geben, sich eine Chance, sie live zu erleben, nicht entgehen zu lassen. Auch wenn sie keine besonders kraftvolle Stimme hat, ist sie dennoch unbeschreiblich. Sie hat Ausstrahlung und enormes Charisma. Sie ist eben – wird es immer sein –

NENA!

Und Gothic hin, Gothic her, ihre Show war das mystischste und beeindruckendste Musikerlebnis meines Lebens!

 

Konzert-Bericht von AOW - Die Untoten   -   06.10.2003 – Frankfurt am Main – The Cave, Brönnerstraße 11

Wie schon bei dem Konzert-Bericht zum Nena-Konzert in Neu-Isenburg muss ich auch hier zu Beginn einige Dinge erklären, bevor ich zur eigentlichen „Kritik“ komme.

Im Vorfeld zu meinem Entschluss, ein Konzert der Untoten zu besuchen, habe ich mich sehr über die Aussagen von Greta Csatlos und David A. Line in den Zillo- und Sonic Seducer-Berichten geärgert. Ich ärgerte mich über die zum Ausdruck gebrachte Arroganz der Beiden, die Aussagekraft ihrer neuen CD „Grabsteinland“ eigenmächtig in die Nähe zu Hans Eisler, Kurt Weill, Franz Schubert, Friedrich Hollaender, Johann Sebastian Bach, Wolferl Amadeus Mozart und Richard Wagner zu rücken und über die gleichzeitige Unverfrorenheit, musikalische „Kollegen“ wie Marylin Manson, The Rasmus, HIM, L´áme Immortelle, Blutengel, Herbert Grönemeyer und Rosenstolz aufs Heftigste zu dissen.

Glauben die Beiden, wenn sie in einem Rundumschlag verbale „Dresche“ verteilen, zeigen sie wahre Größe? Glauben die Beiden, sie müssten sich durch Verbalattacken á la Klaus Kinski profilieren? Glauben die Beiden wirklich, als Einzige den „wahren Geist“ des Gothic zu repräsentieren und meinen die Beiden etwa allen Ernstes, Marylin, Ville, Sonja und die anderen Genannten würden den armen, unmündigen Plattenkäufern per Hype gewaltsam gegen deren Willen aufgedrängt und seien in Wahrheit tatsächlich von minderwertiger kultureller Qualität und würden den wahren Gedanken des Gothic nicht wirklich vertreten?

Was für ein Ego muss jemand besitzen, um solche Äußerungen in der Öffent-lichkeit bzw. in Anwesen-heit eines Journalisten fallen zu lassen?

Aber wo sind wir hier eigentlich? In der HipHop-Szene??? Wo es als „normal“ gilt, zu dissen, was das Zeug hält?! Nur hat die Gothic-Kultur nun mal nichts mit Ghetto-Kultur zu tun. Für einen Hip-Hopper oder Rapper mag es als cool gelten, Kollegen mies zu machen, es gehört in dieser Szene wohl zum allgemein anerkannten Spiel, „böse“ wirken zu wollen. Aber unter „kopf- und kulturlastigen“ Grufties sollte man eigentlich doch eine andere Umgangsweise miteinander pflegen. Gothics sind nunmal keine „Gangsta´s“!

Deshalb muss ich mich als überzeugter Gruft, der auf sein freies Recht pocht, „gut“ finden zu dürfen, was ihm gefällt, ausdrücklich dagegen verwahren!

Ich lasse mir von der Plattenindustrie nicht aufdrängen, Melotron, BIF (Kennt die überhaupt noch einer? Die wurde auch nämlich auch mal gehypt bis zum Erbrechen!) oder Xandria über Gebühr zu lieben und ich lasse mir von einer nach oben strebenden jungen Diva nebst Gefolge ebensowenig aufdrängen, „Gröni“, HIM oder den „Meister“ zu verachten.

Und ich hoffe, ich stehe damit nicht alleine?!

Und dennoch: Trotz meiner Verärgerung bin ich zu besagtem Konzert gegangen, denn ich wollte mich mit eigenen Ohren davon überzeugen, was die Untoten live zu bieten haben, was sie vielleicht ja wirklich über alle anderen Schwarzkittel-Kapellen erhebt?! Vielleicht sollte es ja so sein, dass ich irgendwann spät in der Nacht vom sechsten auf den siebten Oktober das „Cave“ in Frankfurt verlassen würde und ein gläubiger Untoten-Jünger geworden wäre? Man soll ja bekanntlich nie nie sagen! Und bei aller Verärgerung im Vorfeld gab ich mir auch große Mühe, nicht allzu hart zu richten, hatte den Vorsatz, unvoreingenommen und ehrlich vor mir selbst zu sein und trotz meiner Vorbehalte fair mit den Untoten umzugehen.

Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass das Cave ein seltsamer kleiner Laden ist, ein winziges Kellergewölbe mit dementprechend kleiner Bühne. Klein, aber urig und irgendwie gemütlich. Man würde sich nicht wundern, nach oben zu blicken und dort einige Fledermäuse an der Decke hängen zu sehen. Der Eintrittspreis war mit 13 Euro angemessen und dass ein Corona vier Euro kostete... – naja, was solls?! Es gibt Schlimmeres.

Dass Frankfurt am Main nicht unbedingt zu den Gothic-Zentren der Republik gehört, dürfte zumindest für die Einheimischen nichts Neues sein. Insofern war es nicht verwunderlich, dass es nur ca. 50 Personen waren, die den kleinen Keller noch nicht mal richtig ausfüllten. Für eine Band, die noch so viel vor hat und von der einschlägigen Presse zur Zeit auch ziemlich hochgejubelt wird, schon etwas entwürdigend, vor so wenig Interessierten spielen zu müssen.

(Und das meine ich jetzt wirklich nicht ironisch!)

Für die aus Hanau (also sozusagen hier „um die Ecke“) stammende Vorband Anubis, die einen straffen und wirklich nicht unüblen Gothic-Rock spielten, der immer wieder leicht in den Metal abdriftete, war dies sicher nicht so schlimm wie für die drei Berliner (dritte im Bunde war neben Greta und David die neue Bassistin Tweggy), die sich sicher größere und vollere Hallen wünschen dürften.

Das Erste, was mir auffiel: Leider scheint Greta etwas am „Grönemeyer“-Syndrom zu leiden, will meinen, man versteht leider nur zu selten, was sie da eigentlich ins Mikrofon singt. Nun war ich dahingehend allerdings nicht wirklich überrascht, ist es doch so, dass dies sogar bei den im Studio eingesungen Album-Versionen ihrer Lieder des Öfteren mal vorkommt. Nur hat man da wenigstens die Text-Beilagen dabei und kann mitlesen. War hier natürlich nicht möglich. <g>

Wenn Greta noch dazu versuchte, sich betont lasziv zu bewegen, kam dies leider etwas sehr überzogen rüber. Zum Teil kam es mir so vor, als sei es ihre Absicht gewesen, die „Parodie“ einer Gothic-Sängerin darzustellen. Doch ist es wohl so, dass sie dies auf brutalstmögliche Weise bierernst gemeint hatte?! Und das ist das eigentlich Traurige. Denn es wirkte einfach nur lächerlich.

Die wahrhaft großen Momente hatten die Untoten eigentlich immer dann, wenn sie die Musik machten, die mir persönlich gar nicht so sehr zusagt: nämlich immer dann, wenn die Musik extrem tanzbar, extrem EBM-lastig wurde, zeigte vor allem David, was er drauf hat. Leider jedoch wirkte gerade in diesen Momenten Gretas Stimme völlig deplatziert. Die gruftigen Nummern sind im Grunde eher ihr Ding.

Am Besten gefiel mir Gretas Stimme stets dann, wenn sie jene Art von Liedern interpretierte, die vom Stil her an Zarah Leander oder Marlene Dietrich erinnern. Leider stellen diese Lieder noch immer nur die Ausnahme im Repertoire der Untoten dar.

Wenn auch die etablierten Musik-Zeitschriften suggerieren, die Untoten hätten nun ihren endgültigen Weg gefunden, so wage ich dies dennoch zu bezweifeln. Ich finde, man merkt den Dreien an, dass sie noch immer auf der Suche nach einem kontinuierlichen Stil sind. Aber immer dann, wenn Greta das wahre Potential ihrer Stimme in den Liedern zum Ausdruck brachte, welche sich stark an den großen Diven der späten zwanziger bis frühen vierziger Jahre orientieren, hoffe ich, dass genau dies die Richtung sein wird, die die Untoten zukünftig pflegen und hoffentlich weiter ausbauen werden?!

Im Moment jedoch wirkt ein Livegig dieser Band leider noch etwas unausgegoren. Irgendwas fehlt einfach. Schwer zu sagen, was?! Vielleicht ist es einfach das nicht vorhandene Charisma Gretas, die sich im Moment leider etwas „zu billig“ verkauft. Das ist um so bedauerlicher, als sie gesangstechnisch wirklich das Zeug zu etwas ganz Großem hat. Doch wenn man sich selbst als „Hochbegabte“ geben möchte, sollte man auch das nötige Rüstzeug dazu mitbringen und nicht nur Schaum schlagen.

Wenn die Untoten sich nur mehr darauf konzentrieren würden, ihre eigene Musik abzurunden und sich weniger lautstark zu Wort melden würden mit der Erläuterung ihrer Interpretation von „großer Kunst“ und ihrer geringschätzigen Meinung über andere Musiker, würde ihnen und uns sicher mehr gedient sein.

Liebe Greta, lieber David, liebe Tweggy, ein wenig Respekt und vielleicht sogar ein wenig Demut vor der musikalischen Leistung von Kollegen wäre vielleicht ganz angemessen.

Dann könnte man sicher auch mit mehr Respekt zu den Untoten aufschauen!

 

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